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Zielgerichtetes Nichtstun

3.3.1996, Café Metropol, Frankfurt

Anwesend: Verena Kuni, Sabine Zimmermann, Stefan Beck

Notizen:

 

Woher stammt Underground

Stefan: Wir wollen also über "underground" sprechen.

Verena: "Underground" stammt meiner Meinung aus Frankreich, als man in der Zeit des Existenzialismus dunkle Kellerlöcher, Jazz und schwarze Rollkragenpullies damit verband. "Gegenöffentlichkeit", das ja so was wie vielleicht den Inhalt von "underground" ausmacht, stammt aus den USA der 60er Jahre, war gegen die staatlich dominierte Informationspolitik ueber den Vietnam-Krieg gerichtet.

Stefan: Sowohl "underground" wie auch "Gegenöffentlichkeit" scheinen eine Art polare räumliche Situation wiederzuspiegeln: einmal eher vertikal, oben/unten (wie Überbau und Basis), das andere Mal eher horizontal, neben/gegen einander ("öffentlich" und "gegen").

Verena: ja, es handelt sich eigentlich um eine spiegelbildliche Situation. "underground" spiegelt den Mainstream-Diskurs mit umgekehrtem Vorzeichen. Er macht "Seminar" unter seinen eigenen Bedingungen, weiss sich aber, indem er sich z.B. bewusst gegen den Uni-Betrieb richtet, nicht vollkommen unabhaengig vom ihm, karrikiert und kommentiert ihn bisweilen.

Sabine: Aber der Zugang wird mit Geld erkauft...

Zugang zum Underground kostet Geld

Stefan: Stimmt. Es ist eine kommerzielle Einrichtung geworden, die nicht öffentlich stattfindet, sondern extra bezahlt werden muss. Letzte Woche sprach schon der Thomas Erdelmeier von seiner Punk-Zeit als es noch nichts kostete vor dem Kurhaus herumzustehen und Passanten zu erregen. Heute musst Du einen Club wie das "Ritz" aufsuchen und bezahlen, um vielleicht noch das gleiche Erlebnis zu bekommen, aber nicht mehr so provokativ.

Ich möchte nochmal auf die notwendige und angebrachte Praxis des Undergrounds zurückkommen. Neulich schickte mir ein Freund eine Mitteilung. Unter dem Titel "Die Tunisreise" stand: "Wir fahren nach Polen und zeichnen dort." Ist das jetzt zynisch oder drückt sich darin eine wichtige zeitgenössische Praxis aus? Wir werden doch zur Zeit überschwemmt mit dieser Art von Second-Hand Projekten, die alle keineswegs Second-Hand gehandelt werden wollen, sondern First-Class Anspruch auf Repräsentation im Kunst-Betrieb haben.

Tunis-Reise nach Polen

Verena: Klare Sache, "Tunis-Reise" das ist wie eine Signalfarbe; die Werbung nennt das "primer", ein click-Effekt "Die Farbe hat mich!", natürlich, heute kannst Du nur noch "Tunis-Reise" mit "Polen" zusammenbringen, weil nur "Tunis-Reise" allein bringt nichts mehr, wenn es andere schon gemacht haben, und "Polen" allein ist auch nicht aufregend, aber beides zusammen schafft Aufmerksamkeitswert.

Stefan: Kreuzung der Signifikanten, wie Weibel schon wusste; nach Mozart als Punk kann nur Mozart als Chinese folgen, denn es gibt 400 Millionen chinesische Fernsehzuschauer. Wenn der Markt es verlangt, dann hat auch das Erfolg. Was veranlasst uns die "Tunis-Reise nach Polen" als Erfolgsrezept wahrzunehmen, blanker Chauvinismus?

Verena: Fake ist der Vorläufer der Techno-Kultur und verkauft sich blendend.

Stefan: Ich frage mich wo da die Kritik bleibt, oder das, was ich die Kritikabilität von Kunst nenne....
 

 


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